Nachhaltig gegen Neoliberalismus

Veröffentlicht am 03.06.2012 in Allgemein

Vor dem Erdgipfel in Rio: Aufruf für neues Wirtschaften

In wenigen Wochen trifft sich die Weltgemeinschaft zum Umweltgipfel in Rio de Janeiro – 20 Jahre nach dem ersten Treffen. Im Mittelpunkt der Konferenz steht das Konzept von „Green Economy“. Der Ansatz greift aber zu kurz, sagen Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Verbänden. In einem gemeinsamen Aufruf fordern sie, auch neoliberale Strukturen zu überwinden. Sigmar Gabriel und Andrea Nahles gehören zu den Verfassern.

Vom 20. bis 22. Juni diskutieren die Staats- und Regierungschefs der Welt die umwelt- und entwicklungspolitischen Herausforderungen der kommenden Jahre. Ein Prozess, der 1992 in Rio de Janeiro, gestartet wurde. In der Folge traf sich die Weltgemeinschaft 1997 in New York (Rio+5) und 2002 in Johannisburg (Rio+10). Und nun eben wieder in der brasilianischen Metropole (Rio+20).

Im Zentrum des Gipfels soll das bereits im Vorfeld diskutierte Konzept von „Green Economy“ stehen – das Ziel von umweltgerechtem Wirtschaften in allen Bereichen. Einer Gruppe von Vertretern aus Politik, Wissenschaft und Verbänden reicht das aber nicht aus. Sie haben einen Appell verfasst für eine strukturelle Stärkung von Nachhaltigkeit in den Institutionen der Vereinten Nationen. Mit dabei sind unter anderem SPD-Parteichef Sigmar Gabriel, Generalsekretärin Andrea Nahles, der Experte für Nachhaltige Entwicklung, Volker Hauff und der Naturwissenschaftler Ernst Ulrich von Weizsäcker.

20 Jahre nach dem ersten Erdgipfel in Rio, stellen sie fest, sind viele damals gesteckte Ziele nicht erreicht. Im Gegenteil: „das auf endlichen und kohlenstoffintensiven Ressourcen aufbauende Wachstumsmodell der Wirtschaft bedroht zunehmend die natürlichen Lebensgrundlagen der Menschheit“. Globale Klimaveränderung, Artensterben, Übernutzung erneuerbarer, beispielsweise Fischbestände, und Verknappung nicht-erneuerbarer Ressourcen seien die Folge. Zusätzlich habe soziale Ungleichheit innerhalb der Länder und zwischen den Ländern zugenommen, Armut und Hunger einen Höhepunkt erreicht.

„Es ist offensichtlich, dass eine globale Produktions- und Konsumweise, die auf einer derartigen Übernutzung der natürlichen Ressourcen basiert und die Welt auf diese Weise ins ökologische und soziale Ungleichgewicht bringt, nicht nachhaltig sein kann“, schlussfolgern die Autorinnen und Autoren des Aufrufs.

Gabriel: „Eine ökologische Modernisierung der Wirtschaft bei gleichbleibenden neoliberalen Strukturen kann nicht nachhaltig sein“

Darum wollen sie den zweiten Schwerpunkt des Gipfels in den Vordergrund rücken: Die Prinzipien von Nachhaltigkeit. Der Ansatz geht noch über die Ideen von „Green Economy“ hinaus, die lediglich auf die Umstellung umweltfreundlicher Produktionsmethoden setzt, neoliberale Wirtschaftsweisen aber weitgehend unangetastet lässt.

Die Weltgemeinschaft müsse sich langfristig vielmehr auf „neuen Wachstumsbegriff und alternative Wohlstandsindikatoren“ als Grundlage einigen. Außerdem gehe es darum, „staatliches Handeln in Form gezielter Ausgaben- und Subventionspolitik, ökologischer Steuerpolitik, den Abbau umweltschädlicher Subventionen und regulative Maßnahmen auf nationaler und internationaler Ebene als zentrale Notwendigkeit anzuerkennen“.

Als ein „Bekenntnis für globale Verantwortung, soziale Gerechtigkeit und Solidarität – und einen Appell an den UN-Gipfel, das Thema Nachhaltigkeit in all seinen Facetten stärker als in der Vergangenheit voranzutreiben“, würdigte SPD-Chef Sigmar Gabriel den Appell. Organisatorisch schlagen die Verfasser eine Aufwertung des UN-Umweltprogramms vor und die Einrichtung eines Rates für Nachhaltige Entwicklung mit starken Kompetenzen und Ressourcen.

„Eine ökologische Modernisierung der Wirtschaft bei gleichbleibenden neoliberalen Strukturen kann nicht nachhaltig sein“, sagte Gabriel der Frankfurter Rundschau. Und: „Es ist klar, dass ein neues Organisationsgefüge der UN in diesem Bereich nur dann Glaubwürdigkeit erreicht, wenn eine stärkere Beteiligung der Zivilgesellschaft gewährleistet ist.“

Enttäuscht zeigte sich der SPD-Chef, dass die Bundesregierung dem Treffen in Rio offensichtlich nur untergeordnete Bedeutung beimisst. Bereits vor Wochen hatte die Kanzlerin angekündigt, nicht selbst zum Erdgipfel reisen zu wollen, sondern lediglich ihren Umweltminister zu schicken. „Es wäre ein starkes Signal gewesen, wenn Angela Merkel als Regierungschefin der größten Volkswirtschaft Europas an dem Gipfel teilgenommen hätte. Ihre Absage ist eine große Enttäuschung für all die, die in dieser wichtigen Frage zu Recht eine Führungsrolle Deutschlands erwartet haben“, kritisierte der SPD-Chef.

 

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