Steinbrücks Vorschläge zur Bankenregulierung

Veröffentlicht am 27.09.2012 in Bundespolitik

Dienstleister statt Zockerbuden

Ex-Bundesfinanzminister Peer Steinbrück sein Konzept zur „Bändigung der Finanzmärkte“ vorgelegt. In dem 30-Seiten-Papier greift er die Bundesregierung scharf an: Kanzlerin Merkel agiere „im Zeitlupentempo“ und tue nichts, um eine neue Weltfinanzkrise zu verhindern.

SPD-Chef Gabriel begrüßte Steinbrücks Thesen: “Hier zeigt sich klar, wofür die SPD steht: Die Bundestagswahl 2013 wird zur Entscheidung über die Bändigung des Banken- und Finanzsektors.” SPD.de fasst Steinbrücks Forderungen zusammen.

„Die Finanzmärkte haben Maß und Mitte verloren“, kritisiert Steinbrück im Vorwort seines Papiers. Aus der letzten Finanzkrise hätten weder die Bundesregierung noch die Finanzmärkte gelernt: „Die Gewinne von Banken befinden sich nach einem Einbruch nahezu wieder auf Vorkrisenniveau. Die Dividendenausschüttungen verzeichneten ohnehin kaum einen Rückgang.“ Hinzu kämen „individuelle Verfehlungen und Exzesse bis hin zu schlicht kriminellem Verhalten Einzelner: Einige Banken manipulieren Zinsen für Geschäfte untereinander, um zusätzliche Gewinne generieren zu können, einige fördern sogar Steuerbetrug oder zählen kriminelle Organisationen oder politisch fragwürdige Regime zu ihren Geschäftspartnern.“

Die Finanzkrise habe „sehr viel mehr gekostet als Geld“, so der SPD-Politiker weiter: „In den Augen vieler Bürger verletzt sie Gerechtigkeitsgebote und den Sinn für Maß und Mitte. Sie wenden sich ab, weil sie den Eindruck haben, dass die Politik nur noch getrieben und erpressbar ist.“ Dabei dürfe sich auch die Politik nicht aus der Verantwortung für den Vertrauensverlust der Bürger in das Finanzsystem stehlen, so Steinbrück: „Die Politik wird sich eingestehen müssen, dass manch Missstände und Fehlentwicklungen nicht zuletzt auf ihr Zusammenwirken mit Banken oder Fehlanreize für Banken zurückzuführen sind.“ Das gelte u.a. „für die Ideologie der Deregulierung, die Politik des ‚billigen Geldes’, die wirtschaftspolitische Förderung eines hemmungslosen Baubooms wie in Spanien“.

Ihm gehe es „um die Herstellung eines neuen Gleichgewichtes zwischen Eigeninteressen und Gemeinwohl“ so der Ex-Finanzminister. „Politik hat die Aufgabe, einerseits die Funktionsfähigkeit von Finanzmärkten und ihre Dienstleistungsrolle gegenüber der Realwirtschaft und Privatkunden zu gewährleisten. Sie hat andererseits die Aufgabe, die Verpflichtung aller Marktteilnehmer auf das Gemeinwohl durchzusetzen.“

Konkret fordert Steinbrück:

Geschäfts- und Investmentabteilungen von Großbanken wie der Deutschen Bank sollen strikt getrennt werden.
Die beschlossene Finanztransaktionssteuer (Spekulationssteuer) müsse „frühzeitig europaweit eingeführt werden mit einer breiten Bemessungsgrundlage und Steuersätzen von 0,1 % für den Handel mit Anteilen und Anleihen bzw. 0,01 % für den Handel mit Derivaten“.
Banken sollen wieder Pleite gehen können, statt mit Milliarden vom Staat gerettet zu werden. Ein Bankenfonds soll die „Abwicklung“ von Pleitebanken regeln.
Dieser europaweite Restrukturierungsfonds, eine Art Banken-ESM, soll nicht aus Steuergeld sondern von den Banken selbst errichtet wird, um systemrelevante Banken im Notfall zu retten. Sparkassen und Genossenschaftsbanken sollen dagegen auf ihre bewährten Haftungssysteme zurückgreifen dürfen.
Schattenbanken (Zweckgesellschaften, Geldmarktfonds, Investmentfonds wie Hedge-Fonds und Private-Equity-Fonds oder Finanzierungsgesellschaften) sollen ebenso strikt kontrolliert werden wie normale Banken.
Spekulationen mit Derivaten (Marktvolumen weltweit: 500 Billionen Euro) sollen schärfer überwacht und weitestgehend auf kontrollierte Marktpartner (z.B. Börsen) beschränkt werden.
Banken und Schattenbanken sollen Spekulationsgeschäfte auf Rohstoffe (Agrarrohstoffe, Nahrungsmittel und Energierohstoffe) verboten werden. Der Handel mit Kreditderivaten und Leerverkäufe sollen ebenfalls verboten werden.
Der Hochfrequenzhandel mit Wertpapieren (Kauf und Verkauf binnen Millisekunden) soll so weit wie möglich unterbunden werden.
Die Einrichtung einer europäischen Ratingagentur soll die Marktmacht privat wirtschaftender US-Ratingsfirmen beschränken, deren Herabstufungen ganze Länder an den Rand des Ruins treiben können.
Die Beleihung von Immobilien soll auf 80 Prozent des Immobilienpreises begrenzt werden, um Immobilienblasen wie in den USA zu verhindern.
Bonus-Zahlungen an Bankmanager sollen gesetzlich begrenzt und an den langfristigen Erfolg der Geldinstitute gekoppelt werden .
Eine Europäische Bankenaufsicht unter dem Dach der Europäischen Zentralbank (EZB) soll sämtliche Großbanken kontrollieren. Die EZB soll dazu Personal aus nationalen Bankenaufsichten (Bundesbank, BaFin) unterstellt bekommen und gegenüber nationalen Behörden weisungsbefugt sein. Lediglich kleine und mittlere Banken sollen weiter einer nationalen Aufsicht unterstehen.

Steinbrücks Resümee: „Banken sind Dienstleister und keine Zockerbuden, die mit fremder Leute Geld hohe Einsätze wagen, um unter Vernachlässigung der Interessen ihrer Kunden und ihrer Eigenkapitalbasis extreme Renditen zu erzielen, die in Form von Boni an das Management und in Form von Dividenden an die Aktionäre fließen.“ Schon im Juli dieses Jahres hatte SPD-Chef Sigmar Gabriel die Forderungen der SPD für eine schärfere Kontrolle der Banken- und Finanzindustrie zusammengefasst. Lesen Sie Steinbrücks und Gabriels
Thesen als Anhang im Original.

Quelle: spd.de

 

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