„Wir verstärken den Teufelskreis“

Veröffentlicht am 13.06.2012 in Familie

Koalitions-Zoff um Betreuungsgeld

Noch vor der Sommerpause soll das Betreuungsgeld durch das Parlament gepeitscht werden. Nicht nur Opposition, Gewerkschaften und Sozialverbände werfen der Koalition Steuerverschwendung und Klientelpolitik vor. Auch das schwarz-gelbe Lager streitet sich seit langem über das Betreuungsgeld - von Bundesministerin bis zum „einfachen“ Abgeordneten.

Ursula von der Leyen, Bundessozialministerin (CDU) 


„Mit dem Betreuungsgeld verstärken wir den Teufelskreis, in dem Kinder, die von zu Hause keine Chance auf frühe Bildung, gute Sprache, wenig Fernsehen, viel Bewegung haben, vom Kindergartenbesuch ausgeschlossen werden, weil ihre Eltern mit 150 Euro lieber ihre Haushaltskasse aufbessern. Deshalb ist mein Vorschlag, ein Betreuungsgeld in Bildungsgutscheinen auszuzahlen, so dass das Geld auch sicher in Bildung geht.“
"Spiegel", 31/2007


„Wir wollen Erziehung zu Hause fördern, aber mich stört noch, dass das Betreuungsgeld nur dann gezahlt werden soll, wenn ein Kind nicht in die Kita geht.“


"Bild", 25.11.2009

Sabine Leutheuser-Schnarrenberger, Bundesjustizministerin (FDP)

„Ich stelle fest, dass das Betreuungsgeld innerhalb der Union höchst umstritten ist. Ein Herzensanliegen der FDP ist es jedenfalls nicht. Aber wir halten uns an Vereinbarungen. Es ist fraglich, ob es angesichts des Streits in der Union eine Mehrheit in der Koalition für das Betreuungsgeld gibt. Die Führungen von CDU und CSU werden sich überlegen müssen, ob sie daran festhalten.


Die Frage wird sein, ob Grundsätze der Gleichbehandlung verletzt werden. Man muss damit rechnen, dass Gegner des Betreuungsgeldes vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Die Bundesregierung sollte nicht riskieren, in Karlsruhe zu scheitern.


Der Koalitionsausschuss hat sich eine Meinung zum Betreuungsgeld gebildet. Die will ich nicht infrage stellen. Wahr ist allerdings, dass es im Widerspruch zu der Sparpolitik steht, die sich die Regierung vorgenommen hat.“
"Welt", 20.04.2012

Patrick Döring, FDP-Generalsekretär
"Die Union muss sich jetzt klar darüber werden, was sie will. Wir sind für weitere Beratungen offen. Wenn wir die Frauenerwerbstätigkeit erhöhen und die Rückkehr von Frauen in den Beruf erleichtern wollen, sollten wir nicht die Betreuung von Kindern zu Hause vergüten, sondern den Ausbau von Kita-Plätzen fördern. Das Betreuungsgeld passt nicht in die Zeit. Wenn die Union dieses Projekt aufgibt, werden wir nicht im Wege stehen.“


"Passauer Neue Presse", 03.04.2012

Rainer Brüderle, FDP-Fraktionschef 


„Ich mache kein Geheimnis daraus, dass ich davon nichts halte.“


"Bild", 02.11.2009



Rita Süssmuth, Ex-Familienministerin und Bundestagspräsidentin a.D. (CDU)

„Das Betreuungsgeld stößt zu Recht auf Ablehnung. Es befrachtet die Familien- und Kinderpolitik mit neuen Widersprüchen, löst weder die Probleme der Frauen noch die der Kinder. Diese Maßnahme verringert den Zugang auf eigenes Erwerbseinkommen mit sozialer Absicherung. Sie schwächt den flächendeckenden Ausbau eines guten Angebots an Kinderbetreuung und frühkindlicher Bildungsförderung. Dieses Ziel hat unbedingte Priorität. Soll die Koalitionsvereinbarung umgesetzt werden, dann nicht durch Betreuungsgeld, sondern finanzielle Mittel zur Bekämpfung der Altersarmut, z.B. durch erhöhte Anerkennung von Erziehungszeiten in der Rente.“

"Spiegel-Online", 18.04.2012

Rita Pawelski, Vorsitzende der Gruppe der Frauen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion

"Wenn das Betreuungsgeld als reine Barauszahlung kommen sollte, könnte ich nicht zustimmen. Es gibt zu viele Unwägbarkeiten und entspricht nicht dem, was wir in den letzten Jahren als Familienpolitik erarbeitet und umgesetzt haben."

"n-tv.de", 04.04.2012

Josef Schlarmann, Chef der CDU/CSU-Mittelstandsvereinigung

„Das Betreuungsgeld ist der völlig falsche Ansatz. Wir brauchen ein breit angelegtes Betreuungsangebot, damit jede Frau entscheiden kann, ob sie ihr Kind selbst betreut oder in die Kita gibt.“

"Bild", 25.04.2012

Ingrid Sehrbrock, Mitglied des CDU-Bundesvorstandes und stellvertretende DGB-Vorsitzende
„Das Betreuungsgeld ist gerade für Eltern aus einkommensschwachen Haushalten ein starker finanzieller Anreiz, ihre Kinder von der Kita fernzuhalten. Es wäre fatal, wenn Kindern aus bildungsfernen Familien durch diese Subvention wichtige frühkindliche Bildung vorenthalten würde. Mit dem Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz hingegen hätten Mütter und Väter endlich echte Wahlfreiheit, sich auch für Familie und Beruf zu entscheiden. Doch der Ausbau der Kitaplätze geht nur schleppend voran. Damit der Rechtsanspruch umgesetzt wird, fehlen noch mindestens 230.000 Krippenplätze. Statt zwei Milliarden Euro in ein Betreuungsgeld zu investieren, sollte ernsthaft der Ausbau der Krippenplätze vorangetrieben werden. Auch gleichstellungspolitisch ist die Einführung eines Betreuungsgeldes eine Rolle rückwärts. Es fördert nach der Geburt eines Kindes den längerfristigen Ausstieg der Mütter aus der Erwerbstätigkeit. Ein rascher Wiedereinstieg, flankiert von verlässlichen Angeboten für eine gute Kinderbetreuung und familienfreundlichen Arbeitszeiten für Männer und Frauen, ist der richtige Weg.“
"Spiegel Online", 18.04.2012

Cornelia Pieper, Staatsministerin Auswärtiges Amt (FDP)

"Hier ist ein Umsteuern angesagt: Geld an die Familien mindert die Chancengerechtigkeit, schafft keine Anreize, etwaige Betreuungsangebote anzunehmen, und verstärkt somit soziale Selektion."

"Frankfurter Rundschau", 23.11.2009

Gisela Piltz, FDP-Fraktionsvize
„Wir haben das inhaltlich immer abgelehnt, das ist nur als Konzession an die CSU in den Koalitionsvertrag gekommen.“

"Rheinische Post", 29.10.2009

Jens Spahn, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion

„So wie das Betreuungsgeld derzeit diskutiert wird, bedeutet es allerdings für den Bundeshaushalt Mehrausgaben von bis zwei Milliarden Euro im Jahr. Dieses Geld ist derzeit schlicht nicht da, die neue Leistung würde also schuldenfinanziert. Neue Schulden also, die die Kinder, der Eltern, die Betreuungsgeld erhalten haben, später über ihre Steuern zurückzahlen. Das wäre doch paradox. Daher bestehe ich auch auf eine saubere Gegenfinanzierung einer solchen Leistung.“ 

Antwort auf Bürgerfrage auf abgeordneten-check.de

Sibylle Laurischk, Vorsitzende des Familienausschusses im Bundestag (FDP)
"Ich bin beim Betreuungsgeld skeptisch, ob der Bund aus verfassungsrechtlicher Sicht dafür überhaupt zuständig ist. (...) Ich behalte mir vor, dem Gesetz nicht zuzustimmen." 

"Süddeutsche Zeitung", 07.06.2012

Karl-Georg Wellmann (CDU)

"Das Betreuungsgeld ist ein Konjunkturprogramm für Media-Markt und Saturn." 

„Spiegel“, 17/2012

Jürgen Klimke (CDU)
"Wenn wir das Betreuungsgeld bar auszahlen, führt das zwangsläufig zu einer sozialen Fehlsteuerung.“


„Spiegel“, 17/2012

Reinhard Grindel (CDU)

„Auch für kleine Kinder mit Migrationshintergrund, die zu Hause kein Wort Deutsch sprechen, ist ein Krippenbesuch sehr wichtig. Es widerspricht dem Kindeswohl, wenn wir Fehlanreize schaffen, die zur Folge hätten, dass Kindern die notwendige Förderung vorenthalten wird.
(...)
Ich halte die Frage der Förderung von kleinen Kindern aus problembeladenen Familien für denkbar ungeeignet, um daraus eine Machtfrage zu machen.“
"Böhmezeitung", 20.04.2012

Peter Weiß (CDU)

"Die Frage ist, ob nicht die Barauszahlung einfach ein falsches Zeichen setzt, nämlich man bezahlt dafür etwas, dass jemand zu Hause bleibt." 

Deutschlandfunk, 03.04.2012

Sibylle Pfeiffer (CDU)
"Im Ergebnis muss ich mich entscheiden und habe mich nach Abwägung aller Argumente gegen die Einführung eines Betreuungsgeldes, wie zur Zeit geplant, ausgesprochen.


 (...) Doch als Abgeordnete bin ich der Überzeugung, dass das Betreuungsgeld in Höhe von 150 Euro ein falsches und in Zeiten von Haushaltsdefiziten teures Instrument ist. Wenn aber Geld ausgegeben werden soll, dann glaube ich, dass es andere und vielleicht auch wichtigere Einsatzmöglichkeiten gibt, die Familien und /oder junge Frauen unterstützen.
"
sibylle-pfeiffer.de

Nadine Schön (CDU)
Ich bin gegen das Betreuungsgeld. Wir wollen Wahlfreiheit ermöglichen, aber die ist noch lange nicht Wirklichkeit. Das ganze System in Deutschland ist bislang darauf angelegt, dass einer der Partner auf Erwerbstätigkeit verzichtet, meistens die Frau. Deshalb haben wir ein Ehegattensplitting, deshalb haben wir die beitragsfreie Mitversicherung. Es gibt also bereits ein Unterstützungssystem für die Familie mit klassischer Rollenteilung. Was bislang fehlt, ist eine Wahlfreiheit in die andere Richtung, hin zur Flexibilität. Dazu braucht es viel mehr Kitas, die qualitativ gut und zeitlich flexibel sind. 

(...)
Ich bin nicht der Meinung, dass derjenige, der in den ersten Jahren für sein Kind zu Hause bleibt, ein Heimchen am Herd ist. Das Betreuungsgeld setzt aber gar nicht an der eigenen Betreuungstätigkeit an, sondern an der Nichtinanspruchnahme einer staatlichen Einrichtung. Das gibt es in keinem anderen Bereich. Oder bekomme ich Geld für mein Privatauto, weil ich nicht mit Bus und Bahn fahre?

„Spiegel“, 20/2012

Karin Maag (CDU)
„So sehr ich es anerkenne, wenn Frauen ihre Kinder zu Hause erziehen – mit dem Betreuungsgeld würden wir falsche Anreize geben.“


„Bild“, 25.04.2012

Thomas Jarzombek (CDU)
"Kein Gesetz verlässt den Bundestag so, wie es hineingegangen ist. Das muss auch beim Betreuungsgeld der Fall sein"

"Süddeutsche Zeitung", 07.06.2012


 

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