"Koalition am Ende der Gemeinsamkeiten!"

Veröffentlicht am 05.03.2012 in Bundespolitik

Foto: phototeh.net/Thomas Köhler

Am Sonntagabend traf sich der Koalitionsausschuss, um über weitere Vorhaben zu beraten. Das Treffen jedoch glich einer Mogelpackung: Alle strittigen Themen wurden einfach ausgeklammert. Thomas Oppermann, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion, stellt fest: "Bei diesem Treffen sollten Themen und ein Fahrplan für den Rest der Legislaturperiode festgelegt werden. Das ist nicht geschehen. Alle harten Konfliktfelder im Bereich Arbeit und Innenpolitik bleiben ausgespart." Für Frank-Walter Steinmeier, Fraktionschef der SPD im Bundestag, ist die Koalition "am Ende der Gemeinsamkeiten".

Debattiert wurde bei dem Zusammenkommen über das Wettbewerbsrecht, das Urheberrecht, das Sorgerecht für unverheiratete Eltern, das Jugendstrafrecht, die Energiewende, das Kooperationsverbot von Bund und Ländern in der Bildung, einen Test für Finanzprodukte bei der Stiftung Warentest und über den demografischen Wandel.

Das Koalitionstreffen an diesem Sonntagabend war auch dadurch belastet, dass Rösler seinen Erfolg in der Präsidentenfrage öffentlich ausgekostet hatte. So hatte er Merkel in einer Talkshow mit einem Frosch verglichen, der beim Thema Gauck langsam gekocht worden sei. Das Verhältnis zwischen der Kanzlerin und ihrem Vizekanzler gilt seitdem als belastet.

Frank-Walter Steinmeier sagte zu dem Treffen. "Das spricht ja Bände über den Zustand der Koalition, wenn sie einen Koalitionsausschuss braucht, um der Stiftung Warentest 1,5 Millionen zu überweisen!"

Der "Wohlfühltermin" könne nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese Koalition "am Ende der Gemeinsamkeiten ist". Denn, so Steinmeier, alles, was Entscheidungen verlange, sei vertagt worden: Pflegerechtsreform, Mindestlohn, ESM und die Tarifeinheit. Steinmeier: "Die Koalition macht die Augen zu und lässt zu, wie die Tariflandschaft zerfleddert – erst bei der Bahn, dann beim Flugverkehr, demnächst im Gesundheitswesen. Seit einem Jahr fordern wir ein Gesetz zur Tarifeinheit; mit BDA und dem Großteil der Gewerkschaften besteht Einigkeit: Nur die Bundesregierung versagt vor der Realität!"

Thomas Oppermann, Geschäftsführer der SPD im Bundestag, wertete das beschlusseifrige Treffen als garniert mit Wohlfühlthemen: "Deutschland hat einen Reformstau. Weder in der Arbeitsmarktpolitik noch der Innenpolitik sind irgendwelche Ergebnisse erkennbar", so Oppermann. Der Beschluss zur Energiewende solle seiner Ansicht nach verdecken, "dass ein Jahr nach Fukushima noch immer nichts geschehen ist." Und die Einigung beim Kooperationsverbot ist "eine Alibilösung für einen eng begrenzten Bereich."

Als Fazit gilt, so Oppermann: "Die Koalition hat ihre Gemeinsamkeiten aufgebraucht. Sie rechnet selbst nicht mehr mit einer langen Zusammenarbeit."

Auch SPD-Chef Sigmar Gabriel hält die Ergebnisse des Koalitionsausschusses für unzureichend. Beim Thema Bildung etwa sei "wesentlich zu wenig" herausgekommen, sagte Gabriel im Deutschlandfunk. Von den großen Fragen sei am Sonntag nichts besprochen worden. Der Gipfel sei eine Show gewesen, bei der "man die schlimmsten Verwerfungen versucht hat, irgendwie wieder mit einer weißen Salbe zuzudecken", sagte er. "Aber wir haben in Deutschland keine Regierung, die wirklich regiert. Das ist dramatisch für unser Land."

 

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